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Wriezen |
Die Kämpfe im Winter und Frühjahr 1945
zerstörten eine einzigartige, von vielen Generationen
geschaffene Kulturlandschaft. 40 Ortschaften des damaligen
Kreises Lebus wiesen einen Verwüstungsgrad zwischen 60 und
100 % auf. Küstrin, Wriezen, Alttucheband und Klessin galten
mit über 90 % als besonders betroffen.
Im ehemaligen Kirchenkreis Seelow wurde jede zweite Kirche
durch Sprengungen bzw. Waffenwirkung zerstört. Die Felder
bei Lebus und Klessin waren zu 75 % vermint. Unmittelbar
nach den Kampfhandlungen mussten Frauen und Männer, die
wieder in ihre Heimat zurückkehrten, Angehörige der Roten
Armee und deutsche Kriegsgefangene sowie
Sprengstoffexperten die Minen von den Feldern und aus den
Ortschaften bzw. Wäldern bergen. Bis 1986 ereigneten sich
auf dem Gebiet des späteren Kreises Seelow über 250
Sprengstoffunfälle. Dabei verloren mehr als 140 Frauen,
Männer und Kinder ihr Leben.
Nach der Schlacht begann der Kampf ums Überleben. Es galt,
das nun kriegszerstörte Oderbruch ein zweites Mal zu
kultivieren.
Dort, im „Gemüsegarten Berlins“, herrschte in den ersten
Friedensmonaten Hunger. Hungerödeme, Diphtherie, Ruhr und
Typhus waren Folgen der unzureichenden Ernährung und der
mangelnden hygienischen Bedingungen. Der akute Mangel an
Ärzten, Schwestern sowie Medikamenten verschlimmerte diese
Situation. Bis Ende 1945 starben z. B. in Golzow 101
Menschen, in Neuhardenberg 221, in Podelzig 52, in Langsow
105 sowie in Neutrebbin und Letschin je 144 Menschen,
darunter viele Kinder. Auf dem Wriezener Friedhof ruhen in
einem Massengrab Hunderte, meist anonyme Typhusopfer.
Unter solchen katastrophalen Bedingungen mussten auch
unzählige Leichen unter die Erde gebracht werden. Meist war
dies nur an Ort und Stelle, in Feld, Wald und Wiese möglich.
Noch heute werden Gebeine gefallener Soldaten der Wehrmacht
und der Roten Armee geborgen, die Jahrzehnte nach ihrem
gewaltsamen Tod auf den Kriegsgräberstätten in Lietzen bzw.
Lebus die letzte Ruhestätte finden. |