Schlachtfeld

An der Oder

Das Foto zeigt Rotarmisten, die sich abmühen, teilweise in die Eisdecke eingebrochenes Kriegsgerät zu bergen

Im Brückenkopf (Februar 1945)


Am 31. Januar 1945 bildeten Vorauskräfte der 5. Stoßarmee bei Kienitz den ersten Brückenkopf am Westufer der Oder. Anfang Februar überwanden weitere sowjetische Verbände den Fluss. Der schnelle Vorstoß der 1. Weißrussischen Front war für die deutsche politische und militärische Führung überraschend. Eilig herangeführte deutsche Verbände, darunter kampfunerfahrene Alarm- und Ausbildungsbataillone und Volkssturm, griffen einerseits in den Monaten Februar und März 1945 immer wieder an und leisteten anderseits erbitterten Widerstand gegen Angriffe der sowjetischen Einheiten. Den Auftrag, die sowjetischen Verbände über die Oder zurückzudrängen, konnten sie nicht erfüllen.

Das Foto zeigt deutsche Soldaten, die hinter einem abgeschossenen Sherman-Panzer in Deckung gehen. Im Hintergrund sieht man mehrstöckige Gebäude. Eine feine Schneeschicht bedeckt die Oberflächen des vorderen Hausdachs und des Panzers.

Deutsche Soldaten in Deckung hinter einem abgeschossenen Sherman-Panzer (Küstrin, Februar 1945)


Die Kämpfe, um die zur Festung erklärten Stadt Küstrin und das kleine auf der Reitweiner Höhe liegende Dorf Klessin, dauerten mehrere Wochen. Am 23. März gelang es der 5. Stoß- und der 8. Gardearmee ihre beiderseits von Küstrin befindlichen Brückenköpfe zu vereinen und zu erweitern. Gegenangriffe der deutschen Divisionen im Zeitraum vom 23. bis 27. März 1945 hatten keine Aussicht auf Erfolg. Im Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März 1945 verlor die 9. Armee unter Befehl von General Busse ca. 40 000 Mann durch Tod, Verwundung und Gefangenschaft. Die beiden in den Brückenköpfen handelnden sowjetischen Armeen verloren im gleichen Zeitraum 15 466 Tote und 46 333 Verwundete.
Durch die zweimonatigen Kämpfe im Oderbruch schuf sich die 1. Weißrussische Front unter Marschall Shukow einen 300 km² großen Brückenkopf, aus dem der Angriff auf Berlin begann.

Seelower Höhen

Auf einem spärlich bewachsenen Feld befindet sich eine lange Linie von Feldgeschützen. Mannschaften bedienen die Geschütze, über manchen erhebt sich Pulverdampf. Munitionskisten liegen verstreut herum.

Sowjetische Artillerie in Feuerstellung


Die „Schlacht um die Seelower Höhen“ (16. – 19. April 1945) war die größte Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden und für die 1. Weißrussische Front die erste Etappe der Angriffsoperation. Ursprünglich sollten die sowjetischen und polnischen Verbände die bis zu 40 km tiefe deutsche Verteidigung innerhalb von zwei Tagen durchbrechen und ein Zurückweichen der Wehrmachtstruppen verhindern.
Am Vorabend der Schlacht verfügte Marschall Shukow über 900 000 Soldaten, 3 059 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, 17 824 Geschütze und Raketenwerfer sowie über 3 000 Flugzeuge. General Busse standen 90 836 Mann (ohne Sicherstellungstruppen), 512 Panzer und 2625 Rohre Artillerie zur Verfügung. Unterstützt wurde die 9. Armee durch 300 Flugzeuge der 4. Fliegerdivision und die 23. Flakdivision mit 32 schweren Batterien.

Deutsche Soldaten stapfen in Grüppchen schemenhaft über einen weitläufigen und schlammigen Acker

Deutsche Soldaten beim Beziehen der Verteidigung


In den frühen Morgenstunden des 16. April 1945 eröffnete die 1. Weißrussische Front aus dem Küstriner Brückenkopf die Berliner Operation. Vor der Höhenstufe und der Alten Oder blieb der Angriff jedoch liegen. Trotz vorzeitiger Einführung der beiden Gardepanzerarmeen gelang der Durchbruch durch den zweiten deutschen Verteidigungsstreifen nicht. Am 18. April 1945 erreichte die Schlacht ihren Kulminationspunkt. Shukow konnte am Abend endlich die Einnahme der Höhenstufe melden und einen Tag später war die gesamte operative Tiefe der deutschen Verteidigung durchbrochen. Die 9. Armee war in drei Teile gespalten. Im Süden zogen sich das V. SS-Gebirgskorps, die Festung Frankfurt (Oder) und das XI. SS - Panzerkorps in Richtung Halbe, im Zentrum das LVI. Panzerkorps auf Berlin und im Norden das CI. Armeekorps nördlich von Berlin zurück.

Während der vier Tage dauernden Schlacht starben auf beiden Seiten Zehntausende Soldaten.

Berlin

Der Blick geht über einen Seitenweg im Tiergarten auf das nahegelegene Brandenburger Tor. Rechts des Weges umstehen Rotarmisten einen aufgegebenen deutschen Kampfpanzer. Sein Bug zeigt nach Western, Turm und Kanone weisen nach Osten

Brandenburger Tor am 1. Mai 1945


Bereits am 1. Februar 1945 hatte Hitler die Reichshauptstadt Berlin zum Verteidigungsbereich erklärt. Die nationalsozialistische Führung mobilisierte ein letztes Aufgebot von 90 000 Mann. Es bestand aus Volkssturm, SS und Wehrmacht, darunter die ca. 13 000 Soldaten des geschlagenen LVI. Panzerkorps, die sich Mitte April nach Berlin zurückgezogen hatten. Ab 20. April 1945 stießen Teile der 1. Weißrussischen und der 1. Ukrainischen Front in Richtung Zentrum der Reichshauptstadt vor. Tagelang wurde Berlin zum Schauplatz eines erbittert geführten Häuser- und Straßenkampfes gegen die fünffache Übermacht der Roten Armee. Bis zuletzt wüteten Standgerichte von Wehrmacht und SS in der Stadt und richteten Soldaten und Zivilisten hin.

Am 30. April 1945 beging Adolf Hitler im Bunker unter der Neuen Reichskanzlei Selbstmord. Am 2. Mai 1945 kapitulierten die zur Verteidigung Berlins eingesetzten deutschen Einheiten. In der Nacht zum 9. Mai 1945 unterzeichneten in Berlin-Karlshorst die Vertreter der Oberkommandos der Wehrmacht Generalfeldmarschall Keitel, der Kriegsmarine Generaladmiral von Friedeburg und der Luftwaffe Generaloberst Stumpff die bedingungslose Kapitulation vor den Alliierten. Damit waren der Zweite Weltkrieg in Europa und die Herrschaft des Nationalsozialismus beendet.

Folgen

Der Blick folgt einer Straße, deren beidseitig angrenzende Häuser stark zerstört sind. Oft fehlen die Dächer, mitunter stehen nur noch Fragmente der straßenseitigen Fassaden

Wriezen


Die Kämpfe im Winter und Frühjahr 1945 zerstörten eine einzigartige, von vielen Generationen geschaffene Kulturlandschaft. 40 Ortschaften des damaligen Kreises Lebus wiesen einen Verwüstungsgrad zwischen 60 und 100 % auf. Küstrin, Wriezen, Alttucheband und Klessin galten mit über 90 % als besonders betroffen.
Im ehemaligen Kirchenkreis Seelow wurde jede zweite Kirche durch Sprengungen bzw. Waffenwirkung zerstört. Die Felder bei Lebus und Klessin waren zu 75 % vermint. Unmittelbar nach den Kampfhandlungen mussten Frauen und Männer, die wieder in ihre Heimat zurückkehrten, Angehörige der Roten Armee und deutsche Kriegsgefangene sowie Sprengstoffexperten die Minen von den Feldern und aus den Ortschaften bzw. Wäldern bergen. Bis 1986 ereigneten sich auf dem Gebiet des späteren Kreises Seelow über 250 Sprengstoffunfälle. Dabei verloren mehr als 140 Frauen, Männer und Kinder ihr Leben.
Nach der Schlacht begann der Kampf ums Überleben. Es galt, das nun kriegszerstörte Oderbruch ein zweites Mal zu kultivieren.
Dort, im „Gemüsegarten Berlins“, herrschte in den ersten Friedensmonaten Hunger. Hungerödeme, Diphtherie, Ruhr und Typhus waren Folgen der unzureichenden Ernährung und der mangelnden hygienischen Bedingungen. Der akute Mangel an Ärzten, Schwestern sowie Medikamenten verschlimmerte diese Situation. Bis Ende 1945 starben z. B. in Golzow 101 Menschen, in Neuhardenberg 221, in Podelzig 52, in Langsow 105 sowie in Neutrebbin und Letschin je 144 Menschen, darunter viele Kinder. Auf dem Wriezener Friedhof ruhen in einem Massengrab Hunderte, meist anonyme Typhusopfer.
Unter solchen katastrophalen Bedingungen mussten auch unzählige Leichen unter die Erde gebracht werden. Meist war dies nur an Ort und Stelle, in Feld, Wald und Wiese möglich. Noch heute werden Gebeine gefallener Soldaten der Wehrmacht und der Roten Armee geborgen, die Jahrzehnte nach ihrem gewaltsamen Tod auf den Kriegsgräberstätten in Lietzen bzw. Lebus die letzte Ruhestätte finden.